Schule 09.05.2025

Förderbedarf: Reform des AO-SF-Verfahrens genügt nicht

BildungsgewerkschaftInklusionSonderpädagogik
  • Autor*in: Stephan Osterhage-Klingler
  • Funktion: stellvertretender Vorsitzender der GEW NRW

GEW NRW fordert in einem Positionspapier weitere Maßnahmen

Mit Blick auf das jüngste wissenschaftliche Gutachten zur Feststellungspraxis eines Förderbedarfs hat die GEW NRW ein Positionspapier erstellt. Darin fordert die Bildungsgewerkschaft mehr als eine Verfahrensreform. Was sich dringend in den Schulen ändern muss.

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Die Zahl der Schüler*innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf steigt in NRW seit Jahren. Das Verfahren, das prüft, ob Schüler*innen im Unterricht zusätzliche Unterstützung brauchen, steht in der Kritik. Ein wissenschaftliches Gutachten zeigt, wo es Schwachstellen gibt und was die Regierung verbessern muss.  Wir haben uns das Gutachten zum Wissenschaftlichen Prüfauftrag zur steigenden Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung angeschaut und in einem Positionspapier Forderungen aufgestellt. Für uns ist klar: Mit einer verbesserten Feststellungspraxis allein sinkt der Anteil von Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht. Wir fordern weitere Maßnahmen.

Vorschläge sind längst überfällig 

Das Gutachten der Wissenschaftler*innen macht viele Vorschläge zur Verbesserung des Verfahrens sowie für den Bereich der Prävention, um den massiv gestiegenen Bedarfen an sonderpädagogischer Unterstützung durch präventive Fördermaßnahmen entgegenzuwirken. Aus Sicht der GEW NRW sind viele der Vorschläge längst überfällig und dringend notwendig. Hierzu zählen die Vereinheitlichung und Digitalisierung der Gutachtenpraxis sowie klarere Vorgaben und Definitionen der einzelnen Förderbedarfe. Auch die empfohlenen Expertisestellen können je nach Umsetzung ein guter Ansatz zur Entlastung der Kolleg*innen darstellen. Auch können sie zur Professionalisierung der Gutachten beitragen.

Es braucht besser Rahmenbedingungen

Klar ist und bleibt aus unserer Sicht aber, dass allein eine Verbesserung der Gutachtenpraxis nicht ausreicht. Um den gestiegenen Unterstützungsbedarfen entgegenzuwirken, bedarf es in erster Linie bessere Rahmenbedingungen an den Regelschulen. Nur mit ausreichend gut ausgebildeten Fachkräften, kleineren Lerngruppen und einer echten Multiprofessionalität an den (Regel-)Schulen kann eine angemessene und individuell benötigte präventive Förderung der Kinder und Jugendlichen gelingen.

Einordnen & verstehen

Zum Hintergrund

Auch wenn sich die Inklusionsquote in NRW in den letzten 20 Jahren von unter 10 Prozent auf nun fast 45 Prozent erhöht hat, geht dies auch mit einem massiven Anstieg der Zahl der Kinder mit einem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf insgesamt einher (+37 Prozent). Gleichzeitig bindet die Gutachtenerstellung selbst sehr viele Ressourcen. Dies und eine deutliche Kritik des Landesrechnungshofes an der derzeitigen Gutachtenpraxis hatten dazu geführt, dass die Landesregierung ein Wissenschaftskonsortium mit der Evaluierung der Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung (AO-SF) beauftragt hatte.