Seit 2014 ist die Europaschule in Rheinberg zertifiziert. Als Gemeinschaftsschule mit einer gymnasialen Oberstufe haben Lehrkräfte, Schüler*innen und außerschulische Partner sich das Ziel gesetzt, den europäischen Gedanken durch Internationalisierung zu pflegen. Besonders in Vorbereitung auf die Europawahl sollten alle Beteiligten ein Gespür für die Tragweite der politischen Entscheidungen entwickeln und Kenntnisse sammeln. Ein bewährtes Konzept, das in der Europaschule Rheinberg Anwendung findet, ist die Partizipation.
Diskussion mit Politiker*innen zu europäischen Themen
Schüler*innen der Grundkurse Sozialwissenschaften und des Geschichtsleistungskurses bereiteten zum Beispiel eine Diskussion mit Europapolitiker*innen verschiedener Parteien vor. Die Gäste tauschten sich am Abend des 8. Mai 2019 mit den Jugendlichen über Themen aus, die für die Lernenden von besonderer Bedeutung sind: Klimaschutz, Digitalisierung, Wahlalter und Flüchtlingspolitik. Schnell wurde klar, wie „europäisch“ diese Themen wirklich sind. Mit Standardfloskeln hatten die Politiker*innen hingegen keine Chance. Mehr als einmal wurden sie aufgefordert, ihre Beiträge im Hinblick auf das Leben von Jugendlichen zu konkretisieren.
Warum Europa für den Frieden wichtig ist, erlebten die Schüler*innen und Lehrkräfte in einem Gänsehautmoment. Ein älterer Bürger Rheinbergs erzählte vom 8. Mai 1945 – Tag der Befreiung und der Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg –, den er als kleiner Junge in Berlin miterlebt hatte. Der Mann rief die jungen Leute dazu auf, das Friedensprojekt durch ihr Mitwirken am europäischen Gedanken zu sichern.
Europatag und Juniorwahl
Am 9. Mai 2019 fand der Europatag statt mit insgesamt 45 Workshops zu europäischen Themen. Ein Anti-Rassismus-Projekt wurde besonders gewürdigt. Als Zeichen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit wurden insgesamt 35 Schüler*innen der niederländischen Partnerschulen in den Projekttag integriert, sowohl als Teilnehmer*innen, als auch als Leiter*innen von Workshops.
Eine direkte Vorbereitung auf die Europawahl war die Juniorwahl, die im eigens als Wahlraum hergerichteten Lernstudio angeboten wurde. Als Peers informierten Oberstufenschüler*innen über die Parteien im Gesellschaftslehreunterricht. Danach konnte jede*r Schüler*in wählen. Natürlich besteht keine Wahlpflicht, aber die bisherigen Erfahrungen zeigen eine sehr hohe Wahlbeteiligung. Die Auszählung der Stimmen erfolgte zwei Tage vor dem Wahlsonntag.
Europäische Ausrichtung im Schulalltag
Über die Europawahl hinaus fällt die europäische Ausrichtung im Schulalltag auf. Die Gestaltung von Fluren mit europäischen Gebäuden als Wandmalerei, spezifisch europäisch gestaltete Fachräume, eine Europaseite in der Schüler*innenzeitung, das erweiterte Fremdsprachenangebot mit Englisch, Französisch, Niederländisch und Spanisch im Bereich der Fächergruppe I, die regelmäßigen Begegnungen mit Partnerschulen in Form von thematischen Projekten, Austauschen und Korrespondenz führen zu einem Schulklima, in dem grenzüberschreitendes Denken und Handeln fast selbstverständlich ist. Dabei ist es der Europaschule Rheinberg ein wichtiges Anliegen, nicht nur die sprachbegabten Lernenden anzusprechen, sondern die Projekte so breit aufzustellen, dass unterschiedliche Begabungen angesprochen werden: Sport, Astronomie, gemeinsames Kochen und szenisches Spiel.
In Europa studieren, arbeiten und reisen
Im Vordergrund steht, dass die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler*innen zu Europabürger*innen gefördert wird. Die mehrsprachige Lebenswelt ist für viele Schüler*innen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, bereits Alltag. Auf privaten Reisen sowie bei Austausch- und Studienfahrten stellen Schüler*innen ihre Sprachkenntnisse unter Beweis und erleben kulturelle Vielfalt. Eine Ausbildung im europäischen Ausland, ein Auslandsstudium, ein Arbeitsplatz in England, den Niederlanden, Frankreich oder Spanien: heute noch Zukunftsmusik – morgen vielleicht schon Realität. Diese Möglichkeiten zu schaffen, ist eine Aufgabe der Politik in Europa.