Die Fußgruppe der schwulen und lesbischen Lehrkräfte in der GEW NRW nahm als eine von insgesamt 170 Teilnehmer*innengruppen am CSD in Köln teil. Bei der größten Demo für Rechte von LSBTI* in NRW setzten die Lehrer*innen ein deutliches Zeichen für mehr Sichtbarkeit und gegen Diskriminierung. In diesem Jahr kam auch die sexuelle Vielfalt besonders gut zum Ausdruck, weil Aufkleber, Infozettel, Transparente, bunte Ballons und T-Shirts ab jetzt alle LSBTI*-Lehrkräfte ansprachen und sich nicht mehr nur auf schwule Lehrer konzentrierten. LSBTI* steht für lesbisch, schwul, bisexuell, trans* oder inter*.
Coming-out in der Schule
Passend zum Motto des Cologne Pride „Coming-out in deinem Style” war auch die ausgebuchte Kleingruppenveranstaltung „Coming Out in der Schule?“. Die AG LSBTI der GEW NRW bot die Veranstaltung in Kooperation mit dem Landesprojekt „Schule der Vielfalt“ an. Auf dem Programm stand ein moderierter Erfahrungsaustausch, der sehr hilfreich für die Teilnehmer*innen war.
Wie gehen andere Lehrer*innen mit dem Coming-Out um? Mit wem sprechen sie in der Schule wann und wie über ihre LSBTI*-Identität? Sichtbare LSBTI*-Lehrkräfte sind vermutlich ähnlich wie sichtbare Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte für Schüler*innen ein Signal sexueller beziehungsweise kultureller Vielfalt. Wegen der befürchteten oder realen Risiken gibt es aber nicht den einen richtigen Weg des Coming-out, und neben der Verantwortung der Lehrkraft für ihren Weg gibt es auch eine Verantwortung des Systems für die Rahmenbedingungen!
Ergebnisse der LSBTI*-Onlinebefragung
Diese Erfahrungen decken sich mit den Erkenntnissen der zweiten Veranstaltung im Rahmen des Cologne Pride „Antidiskriminierung für Lehrkräfte und Personalräte“ im DGB-Haus Köln. Charlotte Kastner von der Antidiskriminierungsstelle (ADS) des Bundes stellte die Ergebnisse einer Onlinebefragung von 835 LSBTI*-Lehrkräften aus ganz Deutschland vor. Demnach seien 43,5 Prozent der Lehrkräfte an ihrer derzeitigen Schule offen mit ihrer LSBTIQ*-Identität umgegangen. Etwa gleich viele Lehrkräfte hätten ihre Sexualität jedoch an ihrem Arbeitsplatz verschwiegen, obwohl bei circa 80 Prozent der Lehrer*innen die meisten oder alle im privaten Umfeld davon wüssten.
Als Gründe gegen einen offenen Umgang mit dem Thema nannten die Teilnehmer*innen der Onlinebefragung befürchtete Stigmatisierung (58 Prozent), Angst vor Respektverlust (54 Prozent), eigene Unsicherheit (47 Prozent), Angst vor Ausgrenzung (41 Prozent), Identität als Privatsache (39 Prozent) und keine Notwendigkeit (31 Prozent).
Schutz vor Diskriminierung per Gesetz
Über den Diskriminierungsschutz durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden Lehrkräfte vom Arbeitgeber kaum aufgeklärt. Die im AGG vorgeschriebenen Beschwerdestellen für Beschäftigte sind selten vorhanden oder bekannt, obwohl knapp ein Drittel aller Teilnehmer*innen Diskriminierung wegen ihrer LSBTIQ*-Identität bereits erlebt hat. Deutlich geringer fiel dieser Anteil aus, wenn der Arbeitgeber zuvor über den AGG-Schutz aufgeklärt hatte, eine schulische Beschwerdestelle vorhanden war, Diskriminierungsschutz in der Schulordnung verankert war oder geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in offiziellen Lehrplänen thematisiert wurde. In einem weiteren Vortrag klärte Juristin Isabel Teller vom Gleichbehandlungsbüro Aachen über Rechte von Lehrkräften nach dem AGG auf und erläuterte deren Umsetzung.
Mit Unterstützung der GEW NRW und der Stadtverbände nahmen die Lehrer*innen in diesem Jahr auch an den CSD-Demonstrationen in Düsseldorf und Bielefeld sowie mit einem Stand am Straßenfest in Aachen teil.
Erfahrungsaustausch ist regelmäßig möglich in den LSBTI*-Lehrkräftegruppen in Köln, Münster und im Ruhrgebiet. Eine GEW-Mitgliedschaft ist nicht zwingend erforderlich.