Die Grundidee des schulscharfen Sozialindex ist einfach und bestechend: Er ist ein Instrument zur Steuerung von finanziellen, sachlichen und personellen Ressourcen, um auf die jeweiligen Bedarfe vor Ort reagieren zu können. Konkret teilt der Sozialindex Schulen anhand sozialer Kriterien in neun Stufen ein und sorgt so für mehr Chancengleichheit. Schulen in den Sozialindexstufen 6 bis 9 weist er bisher Stellenzuschläge in Höhe von fünf bis 20 Prozent zu. So erhält die durchschnittliche Gesamtschule in Sozialindexstufe 9 beispielsweise bei 20 Prozent rund 24 zusätzliche Lehrer*innenstellen, die durchschnittliche Grundschule in Sozialindexstufe 9 erhält 4,4 Lehrer*innenstellen.
Kürzungen durch die Hintertür
Jetzt hat die Landesregierung im 268 Seiten langen Haushaltsplanentwurf 2026 eine radikale Kürzung des Sozialindex auf Seite 86 versteckt. Sie halbiert die Zuschläge für Lehrer*innenstellen: 20 Prozent sinken so beispielsweise auf 10 Prozent – alle anderen Zuschläge werden ebenfalls halbiert. Sämtliche Schulen in den Indexstufen 6 bis 9 können sich darauf einstellen, die Hälfte der bisher erhaltenen Stellen wieder abzugeben. Damit schwächt die Landesregierung den Sozialindex an zentraler Stelle. Die Kürzung höhlt den ursprünglichen Ansatz aus und nimmt dem Instrument seine Wirkkraft. Die Einrichtungen, die am stärksten sozial belastet sind, erhalten deutlich weniger dringend benötigte Unterstützung. Die Stellenzuschläge in den Sozialindexstufen sollten pädagogisch begründet sein und nicht zum politischen Spielball werden. Die Landesregierung politisiert völlig unverständlich die Bestrebung, Chancengleichheit herzustellen.
Pädagogische Bedarfe werden politisch weggewischt
Aus einer pädagogischen Notwendigkeit macht die Landesregierung auf diese Weise ein politisches Kalkül. Sie wirft damit die Fragen auf: Will die Landesregierung den Sozialindex durch die Hintertür abwickeln? Wie ernst ist es dieser Regierung mit der zur Chefsache erklärten Chancengleichheit für alle Kinder? Die Halbierung der Zuschläge kann nicht anders begründet werden, als der Versuch im Haushalt zu sparen. Denn allein die Kürzungen bei Grundschulen und Hauptschulen in Stufe 9 bedeuten eine Einsparung von rund 450 Stellen. Aber: Chancengleichheit gibt es nicht zum Spartarif! Von Anfang an hat das Land dem Sozialindex nie die notwendigen Ressourcen zugewiesen. Bisher wurden gerade einmal 781 Stellen schulscharf verteilt. Unseren Berechnungen zufolge braucht der Sozialindex 2.700 Stellen, um den Bedarfen gerecht zu werden. Nun kürzt die Landesregierung diesen Bedarf künstlich ein, indem sie die Behauptung aufstellt, die halben Zuschläge würden schon irgendwie reichen.
GEW fordert: Mehr Transparenz und Kapitalisierung von Stellen!
Die Landesregierung agiert an dieser Stelle maximal intransparent und kommuniziert die angedachten Kürzungen nur im Haushalt – und das ohne jegliche Begründung. Um generell größere Transparenz zu schaffen, fordert die GEW eine eigene Haushaltsstelle für den Sozialindex. Zudem muss das Land die Ressourcenzuweisung anpassen: In Zeiten des Lehrkräftemangels ist völlig klar, dass Schulen nicht alle ihnen zusätzlich zugewiesenen Stellen besetzen können. Die angedachten Mittel fließen in den Haushalt zurück und bringen den Schulen dann gar nichts. Wenn die Regierung das Motto Ungleiches ungleich behandeln ernst nimmt, dann müssten die Mittel der zusätzlichen, aber unbesetzten Stellen kapitalisiert werden. Das heißt, die finanziellen Ressourcen verbleiben an der Schule und können für anderes pädagogisches Personal verwendet werden, bis die Stelle durch eine Lehrkraft besetzt werden kann. Nur so kann der schulscharfe Sozialindex endlich richtig wirksam gegen ungleiche Bildungschancen wirken. Ob das die Zielsetzung der Landesregierung ist, wird angesichts des politischen Agierens immer undeutlicher!