Weiterführende Schule 10.07.2017

Lehrer*innen sollen in den Ferien Nachhilfe geben

Chancengleichheit
Lehrer*innen sollen Nachhilfe in den Ferien geben

Richtige Diagnose, aber Therapie nicht durchdacht

Die GEW NRW geht mit dem Bildungsforscher Prof. Wilfried Bos in der Beurteilung des Sitzenbleibens konform, kritisiert aber vehement seinen Vorschlag, Lehrkräfte sollten in den Sommerferien leistungsschwache Schüler*innen speziell fördern und mit ihnen das versäumte Lernpensum nacharbeiten. Für diese Feriennachhilfe sollen laut Prof. Wilfried Bos besonders motivierte Pädagog*innen 5.000,- Euro erhalten. Die Bildungsgewerkschaft verweist stattdessen auf ein altes, erfolgreiches Förderprojekt mit dem Namen „Komm mit! Fördern statt Sitzenbleiben“.

  • Autor*in: Berthold Paschert
  • Funktion: Pressesprecher der GEW NRW
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„Das ist ein populistischer Schnellschuss von Prof. Wilfried Bos. Der Bildungsforscher liegt richtig mit der Diagnose, dass Sitzenbleiben nichts bringt. Sein Therapievorschlag ist aber weder durchdacht, noch bildungspolitisch sinnvoll“, sagt GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer.

Prof. Wilfried Bos hatte der Deutschen Presseagentur (DPA) in Düsseldorf vorgeschlagen, Lehrkräften ein Angebot zu machen, statt sechs Wochen in die Ferien zu fahren, für 5.000,- Euro extra mit schwächeren Schüler*innen zu arbeiten. Wörtlich sagte er: „Das wäre eine wichtige pädagogische Aufgabe. Es fänden sich sicher Lehrer, die das machen würden.“

Dass Lehrer*innen in den Sommerferien sechs Wochen Urlaub verbringen, ist für Dorothea Schäfer ein sich hartnäckig haltendes Vorurteil. „Lehrkräfte nehmen in den Sommerferien wie andere Arbeitnehmer*innen auch ihren Jahresurlaub. In der letzten Woche vor Wiederbeginn der Schule ist Präsenzpflicht angesagt. Da finden Konferenzen statt, wird das Schuljahr geplant, sind die Lehrkräfte bei den notwendigen Nachprüfungen im Einsatz“, erklärt die GEW-Landesvorsitzende.

„Komm mit! Fördern statt Sitzenbleiben“

Statt punktuell zu büffeln, so die Vorsitzende der GEW NRW, sei kontinuierliche und nachhaltige Förderarbeit mit leistungsschwachen Schüler*innen sinnvoll. Hierzu habe laut Dorothea Schäfer das Projekt „Komm mit! Fördern statt Sitzenbleiben“,  eine gemeinsame Initiative des Ministeriums für Schule und Weiterbildung und der Vertreter*innen von Lehrer*innenorganisationen in Nordrhein-Westfalen, erfolgreich gearbeitet. Dorothea Schäfer: „Die Sitzenbleiber*innenquote in den Jahrgangsstufen 7,8 und 9 konnte schrittweise reduziert werden.“

Ziel der Initiative sei es gewesen, wirksame Förderkonzepte und Maßnahmen zur Reduzierung der Sitzenbleiber*innenquote sowie die Bedingungen für eine erfolgreiche Individuelle Förderung zur Reduzierung der Sitzenbleiber*innenquote an den teilnehmenden Schulen zu identifizieren. „Die Schulen hatten für die Dauer der Initiative als zusätzliche Personalressource 0,3 Stellenanteile für die Entwicklung und Umsetzung ihrer Förderkonzepte und bedarfsorientierte Fortbildungsangebote erhalten. Leider ist das erfolgreiche Projekt zum Schuljahresende 2015 nicht verlängert worden“, bedauert die GEW-Landesvorsitzende.