Studium 02.10.2025

So können Studierende ihr Praxissemester finanzieren

AusbildungBelastungZfL – Zentrum für Lehrer*innenbildung
  • Autor*in Anna Cannavo
  • Funktion: Jugendbildungsreferentin der GEW NRW

Lehramt: Mit BAföG, Bildungskredit oder Stipendium finanzielle Belastung reduzieren

Das Praxissemester im Lehramtsstudium verknüpft Theorie und Schulpraxis, bringt für viele Studierende aber Geldsorgen mit sich. Wir erklären, welche Finanzierungsmöglichkeiten es für das Praxissemester gibt.

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Fünf Monate Unterricht, Begleitseminare, Anfahrten und kein Einkommen: Das Praxissemester im Masterstudium bedeutet für viele Lehramtsstudierende in NRW eine hohe Belastung und stellt sie vor erhebliche finanzielle Herausforderungen. Die GEW NRW kritisiert diese Situation deutlich. Für Studierende gibt es Möglichkeiten, die finanziellen Belastungen im Praxissemester zu reduzieren oder zu bewältigen. Nicht alle Wege sind einfach, aber mit guter Planung lassen sich viele Hürden meistern.

Unbezahltes Praxissemster

Die GEW fordert faire Entlohnung

Wir fordern seit Langem eine angemessene Vergütung des Praxissemesters in Anlehnung an das Referendariat. Zudem setzen wir uns für eine mögliche Teilzeit-Variante sowie eine Entlastung bei Studienprojekten ein. All das würde zu mehr Chancengleichheit beitragen, insbesondere für Studierende mit Care-Aufgaben, gesundheitlichen Einschränkungen oder ohne familiäre Unterstützung. Gleichzeitig wissen wir: Diese Forderungen wirken (noch) nicht im Hier und Jetzt. Für Studierende, die aktuell im Praxissemester stehen, helfen politische Appelle allein nicht weiter. Deshalb ist es uns wichtig, nicht nur Forderungen zu vertreten, sondern auch ganz konkret zu unterstützen. Wer Unterstützung braucht, findet bei uns Ansprechpersonen, Beratungsangebote und Raum für Austausch.

BAföG beantragen

Die wichtigste Säule ist nach wie vor das BAföG – eine staatliche finanzielle Unterstützung im Studium. Studierende, die die Voraussetzungen erfüllen, können auch während des Praxissemesters gefördert werden, denn es gilt als Pflichtbestandteil des Studiums. Seit dem Wintersemester 2024/2025 liegt der Förderhöchstsatz bei 992 Euro im Monat. Die Hälfte des monatlichen Beitrags wird als Zuschuss gewährt, die andere Hälfte müssen Studierende zinslos zurückzahlen. Wer in einem Nebenjob bis zu 556 Euro monatlich dazuverdient, muss diesen in der Regel nicht anrechnen lassen. Wichtig ist es, den BAföG-Antrag frühzeitig zu stellen.

Bildungskredit aufnehmen

Für alle, die keine BAföG-Leistungen erhalten, kann der KfW-Bildungskredit eine Option sein. Er wird unabhängig vom Elterneinkommen gewährt und kann in Monatsraten von bis zu 300 Euro ausgezahlt werden. Die Rückzahlung beginnt zwei Jahre nach der letzten Auszahlung. Besonders in der zweiten Studienphase kann der Bildungskredit helfen, eine finanzielle Lücke zu schließen.

Für Stipendium bewerben

Auch Stipendien sind eine oft unterschätzte finanzielle Unterstützungsmöglichkeit. Entgegen gängigen Mythen müssen Bewerber*innen dafür keine Einser-Schnitte vorweisen. Viele Stiftungen, die Stipendien vergeben, legen großen Wert auf gesellschaftliches Engagement und persönliche Motivation. Hierzu zählen unter anderem die Hans-Böckler-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stiftung oder die Studienstiftung. Zahlreiche Hochschulen in NRW bieten das Deutschlandstipendium an. Hierbei erhalten Stipendiat*innen eine monatliche Förderung von 300 Euro. Der Betrag wird als Zuschuss gezahlt und kann vollständig mit dem BAföG kombiniert werden. Auch hier ist zu beachten, dass die Bewerbung meist mehrere Monate im Voraus erfolgen muss.

Weitere Unterstüzung erhalten

Wenn eine Förderung über das BAföG oder über ein Stipendium nicht möglich ist, lohnt sich unter Umständen auch ein Blick auf das Wohngeld. In Ausnahmefällen können Studierende ergänzendes Bürgergeld über das Jobcenter beantragen – etwa bei einer eigenen Wohnung, einem Kind oder bei besonderen Belastungen. Zusätzlich bieten einige Hochschulen, wie die Universität zu Köln, Sonderfonds für Studierende mit Kind oder mit besonderen Belastungen an. Hier sollten Studierende frühzeitige die Zentren für Lehrer*innenbildung (ZfL) oder das Studierendenwerk kontaktieren.

10 Jahre Praxissemester: Eine Bilanz

Das Praxissemester im Masterstudium wird landesweit seit dem Sommersemester 2015 an allen Universitäten mit Lehrkräfteausbildung durchgeführt. Fachleiter Björn Dexheimer und Dr. Frédéric Falkenhagen, Vorsitzender des Referats Wissenschaft und Hochschule, ziehen nach zehn Jahre Praxissemester eine Bilanz.

Das damalige Ziel, dass Praxissemester landesweit als Studienelement in den Lehrplan aufzunehmen, war eine verbesserte Verzahnung von Theorie und Praxis  – also der Lehrer*innenausbildung der Uni und der in Schule und im Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL). Die Lehramtsanwärter*innen sollten die Möglichkeit bekommen, sich selbst in der Praxis zu überprüfen und diese Erfahrungen in der Abschlussphase des Studiums nochmals reflektieren zu können – beispielsweise durch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung im Rahmen der Masterarbeit. Die erste Phase des Referendariats sollte ausdrücklich nicht ersetzt werden. 

Wichtige Erkenntnisse aus zehn Jahren Praxissemester

Studierende bewerten das Praxissemester im Prinzip positiv, wenn sie auch organisatorisch sehr viel Verbesserungsbedarf sehen. Besonders der Beitrag der Lehrkräfte an den Schulen beschreiben Studierende als sehr gewinnbringend, ebenso wie der Beitrag der ZfsL. 

Die Bewertung der Hochschulen ist uneinheitlich. Lehrende tendieren dazu, ihren eigenen Lernort positiv zu sehen und koordinatorische Probleme auf die anderen Lernorte zu schieben. Sie berichten aber auch von vielen administrativ-organisatorischen Problemen. Die Rahmenbedingungen und die rechtliche und regulatorische Basis des Praxissemesters sind zudem widersprüchlich und werden durch tradierte Erwartungen noch komplizierter. Hieraus ergeben sich stark widersprechende Lernziele zwischen Lehrenden und Lernenden sowie zwischen den Lernorten.

Ein sinnvolles Instrument, um eine Brücke zwischen dem wissenschaftlichen Studium und der Praxis zu schlagen? 

Das Praxissemester ist gut gedacht, nicht immer gut gemacht. Die Gelingensbedingungen hängen stark davon ab, wie gut die verschiedenen Lernorte (Schule, ZfsL und Universität) das Praxissemester begleiten können und wie gut sie sich koordinieren. Wir müssen daher mehr die betroffenen Kolleg*innen befragen und eine echte Ko-Konstruktion auf Augenhöhe dieser besonderen Lernphase erreichen.