Die Eltern sollen entlastet werden, um Familie und Beruf besser unter einen Hut kriegen zu können. Das Wohl der Kleinsten und der Bildungsauftrag, den Kindertagesstätten leisten sollen, bleiben dabei auf der Strecke.
Was sich hinter den Ideen aus dem Koalitionsvertrag für Kitas verbirgt und was die Pläne von CDU und FDP für Beschäftigte, Eltern und Kinder bedeuten könnten, schlüsselt Stefanie Baranski-Müller, zuständig beim DGB für Gleichstellungs-, Frauen-, und Familienpolitik, auf.
CDU und FDP wollen laut Koalitionsvertrag mehr Flexibilität der Kindertagesbetreuung durch verlängerte Betreuungs- und Öffnungszeiten erreichen. Trägt das zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei?
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist leider heute immer noch ein großes Problem. Die Öffnungszeiten müssen sich in erster Linie an den Bildungsbedarfen der Kinder orientieren. Im Interesse des Kindeswohls und des Auftrags als Bildungseinrichtung sollten sich die Öffnungszeiten im Tagesrhythmus von Kindern bewegen. Die individuelle Anwesenheitszeit der Kinder sollte neun Stunden täglich nicht überschreiten. Es muss das Ziel sein, dass Väter und Mütter Vereinbarkeit von Familie und Beruf partnerschaftlich aufteilen können. Kitas können zwar einen Beitrag leisten, ersetzen aber nicht die Aufgabe der Arbeitgeber familienfreundliche Arbeitszeiten zu ermöglichen. Sie können es Beschäftigten ermöglichen, ihre Arbeitszeit im Laufe des Erwerbslebens flexibel anzupassen. Mithilfe von Freistellung oder Teilzeit-Modellen können Arbeitnehmer*innen besser familiäre Anforderungen wie die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen erfüllen.
Welche Probleme gehen mit einer Flexibilisierung einher?
Die Beschäftigten haben oft selbst Familien und wären mit den gleichen Problemen konfrontiert wie andere arbeitende Eltern. Die Herausforderungen, die bereits jetzt bestehen, wie eine gerechte Bezahlung der Beschäftigten sowie eine Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels werden mit einer Flexibilisierung verschärft. Höhere Sach- und Personalkosten gehen zu Lasten der Eltern. Betreuungszeiten müssen exakt erfasst werden. Es bleibt die zentrale Frage: Ist die Kita dann noch eine Bildungseinrichtung oder ein Betreuungsplatz mit Ganztagskonzept und Vollverpflegung?
CDU und FDP streben den Auf- und Ausbau von Betriebskitas an. Ist das ein sinnvolles Modell zur Kinderbetreuung?
Hier muss ebenfalls die Frage nach der Qualität gestellt werden. Wenn die geplanten Betriebskindergärten nicht nur als reine Aufbewahrungsorte zur einfachen Aufsicht der Kinder verstanden werden, kann auch dieses System funktionieren. Die Kitas müssten als Orte, an denen frühkindliche Bildung durch qualifizierte Fachkräfte erfolgt, gegründet werden. Unsere Forderungen, die wir für außerbetriebliche Kitas erheben – wie beispielsweise eine maximale Anwesenheitszeit der Kinder von neun Stunden in der Kita – müssen selbstverständlich auch für Betriebskitas eingehalten werden. Ebenso unsere Forderungen nach einem auskömmlichen Personalschlüssel, der auch Urlaub, Fortbildung und Krankheit ausreichend berücksichtigt.
Das dritte Kitajahr soll beitragsfrei bleiben. Langfristig will die neue Landesregierung Elternbeiträge abschaffen. Wie steht der DGB zur Beitragsfreiheit für Eltern?
Bildung von der Kita bis zur Hochschule muss gebührenfrei sein. Das Einkommen der Eltern darf nicht bestimmen wie gut die Betreuung und Bildung von Kindern ist. Solange Elternbeiträge erhoben werden, müssen sie landesweit einheitlich geregelt und sozial gestaffelt sein. Qualität und Beitragsfreiheit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.