Kita 12.03.2018

Kitarettungspaket hilft nur kurzfristig

Frühkindliche BildungBildungsfinanzierungGehalt
Kitarettungspaket hilft nur kurzfristig

Frühkindliche Bildung braucht verlässliche Qualität

Das Träger*innenrettungspaket der Landesregierung soll die Unterfinanzierung der Kitas in den nächsten zwei Jahren ausgleichen. Danach soll die längst überfällige Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) vollzogen sein.

  • Autor*in: Daniela Schneckenburger
  • Funktion: Schul- und Jugenddezernentin der Stadt Dortmund
Min.

Am 16. November 2017 hat der Landtag das Gesetz zur Rettung der Trägervielfalt von Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen verabschiedet. Für die Kindergartenjahre 2017/2018 und 2018/2019 stellt das Land mit dem Rettungspaket 500 Millionen Euro zur Verfügung. Das Geld kommt allen Träger*innen zu Gute – auch den kommunalen. Die Mittel sollen eine überbrückende Finanzierungshilfe sein und verhindern, dass Einrichtungen vor einer Überarbeitung des KiBiz aus Finanznot geschlossen werden.

Das KiBiz legt fest, dass die laufenden Betriebskosten über Kindpauschalen durch eine Mischfinanzierung abgedeckt werden. Daneben regelt das Gesetz, dass die verschiedenen Träger*innenorganisationen unterschiedlich hohe Eigenanteile einbringen. Für den restlichen großen Anteil der Betriebskosten – je nach Träger*innenorganisation zwischen 79 und 96 Prozent – gilt die Faustregel, dass der öffentliche Zuschuss zur Hälfte vom örtlichen Jugendamt und zur anderen Hälfte vom Landesjugendamt bestritten wird.

Kritik an der Finanzausstattung der Kitas

Seit Inkrafttreten des KiBiz im Jahr 2008 ist die in der Grundarchitektur des Gesetzes liegende unzureichende Finanzausstattung der Kindertagesbetreuung kritisiert worden. Die finanzielle Ausstattung deckt die tatsächlichen Belastungen durch die konkrete Personal- und Altersstruktur einer Einrichtung sowie Tarifsteigerungen nicht ausreichend ab. Damit verbunden war die Kritik, dass als Folge die Qualität von Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder leide. Die wachsenden Herausforderungen durch die Lebenswirklichkeiten der Familien könnten nicht bearbeitet werden.

Kommunen verhinderten Kitaschließungen

Trotz der eigenen Finanznöte sahen sich Städte und Gemeinden in den vergangenen Jahren vielfach gezwungen, Träger*innenanteile vollständig oder anteilig zu übernehmen. So verhinderten die Kommunen, dass sich einzelne Träger*innen aus Finanznot endgültig aus dem Betrieb der Einrichtungen zurückziehen. Finanzierungslücken entstanden dadurch, dass die Städte und Gemeinden Tariferhöhungen im Sozial- und Erziehungsbereich oder Mietpreissteigerungen aus der pauschalierten Finanzierung des KiBiz nicht auffangen konnten. Nach Berechnungen des NRW-Städtetags bringen die Städte dafür seit Langem zusätzlich etwa 200 Millionen Euro im Jahr auf – zusätzlich zu den ohnehin wachsenden Ausbaukosten der Kindertagesbetreuung als Folge der steigenden Geburtenrate und der wachsenden Zuwanderung in die Städte.

Landesregierung stabilisiert mit Rettungspaket

Bereits die rot-grün geführte Landesregierung griff korrigierend in die Finanzarchitektur des KiBiz ein, indem sie die Steigerung der Betriebskostenförderung ab dem Kindergartenjahr 2015/2016 von jährlich 1,5 auf drei Prozent anhob. Gleichzeitig war jedoch klar, dass das KiBiz einer Gesamtrevision bedurfte, die die Landesregierung in den Blick genommen, aber nicht mehr auf den Weg gebracht hatte.

Das jüngst von der schwarz-gelben Landesregierung verabschiedete Träger*innenrettungspaket ist wiederum als Zwischenschritt und Notfallmaßnahme zu verstehen, um den Patienten KiBiz bis zu einer Novellierung zu stabilisieren. Die Überarbeitung des Gesetzes wird durch den Regierungswechsel Zeit brauchen. Eine Steigerung der pädagogischen Qualität oder ein verbesserter Personaleinsatz in den Einrichtungen sind durch das Träger*innenrettungspaket nicht abgedeckt.

Anforderungen an das novellierte KiBiz

Was fehlt, ist weiterhin eine umfassende strukturelle Überarbeitung der Finanzarchitektur des KiBiz sowie eine Neuausrichtung der Rahmenbedingungen für die pädagogische Arbeit in den Kindertageseinrichtungen. Das neue Gesetz muss berücksichtigen, dass die Bedeutung der frühkindlichen Erziehung in der Bildungsbiographie in den vergangenen Jahren neu gewichtet wurde und, dass die Herausforderungen in der frühkindlichen Bildung durch gesellschaftliche Veränderungen gewachsen sind. Es wird Meilensteine setzen müssen – insbesondere in der Fachkraft-Kind-Relation sowie in der Qualifizierung, Fortbildung oder Fachberatung der Fachkräfte.

Eckpunkte des KiBiz im Herbst 2018

Sollte die neue Landesregierung nicht bis zum Herbst dieses Jahres Eckpunkte für die Novellierung und für eine grundlegende Überarbeitung des KiBiz vorgelegt haben, würde die Umsetzung unter erheblichen Zeitdruck geraten. Bis zum Beginn des neuen Kindergartenjahres am 1. August 2019 brauchen öffentliche wie freie Träger*innen Klarheit über die pädagogischen Rahmenbedingungen eines neuen Gesetzes. Bei einer weiteren Verzögerung müsste wieder eine Brückenlösung auf den Weg gebracht werden, um Träger*inneninsolvenzen zu vermeiden und damit die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Platz in einer Kindertagesstätte in NRW nicht zu gefährden.

Land muss mehr für Kitas zahlen

Die NRW-Kommunen haben ihre Position bereits deutlich gemacht: Eine weitere finanzielle Belastung der Kommunen durch den Ausbau der Kindertagesbetreuung ist nicht tragfähig. Der Eigenanteil des Landes muss vielmehr signifikant steigen. Und: Die Schere zwischen finanzstarken Städten und Städten, die erheblich mehr in den sozialen Ausgleich in ihrer Kommune investieren müssen, darf nicht weiter auseinandergehen. Schon jetzt sind Elternbeiträge zur Finanzierung des Systems in Abhängigkeit von der Tragfähigkeit der Kitafinanzierung wie auch der Finanzierung der Kindertagespflege für die Kommunen in NRW unterschiedlich hoch. Gute frühkindliche Bildung sowie gut ausgebildetes und fair bezahltes Personal dürfen aber nicht von der Kassenlage der Kommunen abhängig sein. Diesen Grundsatz muss jede Reform des KiBiz im Blick behalten.