Kita 19.04.2024

Kita: Ein Blick auf die Finanzen reicht nicht aus

Frühkindliche BildungBildungsfinanzierungChancengleichheitFachkräftemangelSozial- und Erziehungsdienst
  • Autor*in: Stephan Osterhage-Klingler
  • Funktion: Stellvertretender Vorsitzender der GEW NRW

GEW fordert: Land muss auch Personalschlüssel neu bewerten

Anlässlich des internationalen Kindergartentages am 21. April haben wir uns die jüngste Studie zur Kita-Finanzierung angeschaut. Stephan Osterhage-Klingler, stellvertretender Vorsitzender der GEW NRW, erläutert die zentralen Ergebnisse und weiß: Ein Blick alleine auf Finanzierung reicht nicht aus, um angemessene Qualität der frühkindlichen Bildung zu gewährleisten.

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Was sind die wichtigsten Ergebnisse der Evaluation?

Auf den ersten Blick zeigt die Studie, die das Land nach der Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) beauftragt hat, dass Kitas ihre Personalkosten mit der neuen Förderpauschale größtenteils decken können. Die Regierung zahlt hierzu eine Pauschale pro betreutem Kind an die Träger aus. Gleichzeitig wird deutlich: Im Kindergartenjahr 2022/2023  fiel es Kindertageseinrichtungen schwerer, ihre Ausgabe mit den öffentlichen Zuschüssen zu finanzieren. Statt der Erstattung der tatsächlichen Kosten passt das Land die Kindpauschale schließlich nur jährlich an. Zudem sinkt laut der Studie die Auskömmlichkeit der Finanzierung, je kleiner eine Einrichtung ist. Hier entstehen finanzielle Lücken. Über die Sachkosten wie für Reinigung, Versicherungen und Material lassen sich der Evaluation zufolge nur schwer verlässliche Aussagen treffen. Die drei überprüften Jahre (2020 – 2023) waren von der Corona-Pandemie und der Energiekriese geprägt – eine Analyse der Kita-Finanzierung unter normalen Rahmenbedingungen gab es somit nicht. Auch die Rückmeldungen der befragten Träger waren sehr unterschiedlich und schwer vergleichbar. An der Erhebung beteiligten sich nur rund 30 Prozent aller Kita-Träger.

Wie muss die Landesregierung die Finanzierung der Kinderbetreuung verändern, damit in der frühen Bildung in Zukunft ausreichend Mittel zur Verfügung stehen?

Auch wenn die Ergebnisse der Evaluation nahelegen, dass die Finanzierung der Träger in großen Teilen auskömmlich erscheint, zeigt die Realität ein deutlich anderes Bild. Immer mehr Träger haben Schwierigkeiten, die steigenden Personal- und Sachkosten zu stemmen –  immer mehr Träger können ihre Angestellten nicht mehr nach Tarifvertrag bezahlen. Es droht eine Schließungswelle von Kindertageseinrichtungen in NRW. Hier muss der Gesetzgeber dringend nachbessern. Es braucht eine dauerhaft auskömmliche Refinanzierung der Träger, die nicht immer wieder auf Einmalzahlungen und Überbrückungshilfen angewiesen ist. Nur so kann die Politik eine Planungssicherheit für alle Träger herstellen. Die Regierung muss die Kindpauschale frühzeitiger anpassen, abhängig von steigenden Tariflöhnen und Preisen.

Was muss das Land noch in den Blick nehmen, um das Kitasystem krisenfest und zukunftsfähig zu machen?

Angesichts der veränderten Bedingungen in der frühen Bildung muss die Landesregierung auch den Personalschlüssel neu bewerten, um eine angemessene Qualität der frühkindlichen Bildung sicherzustellen. Dieser Schlüssel bildet ab, wie viel Personalkapazitäten für die pädagogische Arbeit sowie für Vor- und Nachbereitungszeit, Elternarbeit und Co. zur Verfügung stehen und stellt diese in Bezug zu den Kindern dar. Aber nur ein kindegerechter Personalschlüssel sichert individuelle Förderung und Chancengleichheit. Nur mit einem besseren Personalschlüssel und einer besseren Fachkraft-Kind-Relation kann also eine echte frühkindliche Bildung gelingen, die neben einer Verlässlichkeit der Betreuungsangebote vor allem auch ein echtes Bildungsangebot für unsere Kinder darstellt. Außerdem kann er für mehr Zufriedenheit unter den Fachkräften sorgen, wenn wieder mehr Zeit für die pädagogische Arbeit mit den Kindern bleibt. Ob die aktuelle Förderpauschale nach einer Neubewertung des Personalschlüssels dann ausreicht, lässt sich bezweifeln. Auch das muss die Regierung zwingend überprüfen und hier schnellstmöglich nachschärfen. Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels darf es der Regierung nicht zu teuer sein, in die entsprechenden Rahmenbedingungen für die pädagogische Arbeit in den Kitas zu investieren. 

Zum Hintergrund

Das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) ist die rechtliche und finanzielle Grundlage der der Kindertagesbetreuung in NRW. Im Jahr 2019 änderte die Landesregierung letztmalig das KiBiz mit Wirkung zum August 2020. Ziel der damaligen KiBiz-Reform war es schon zu diesem Zeitpunkt eine bessere Auskömmlichkeit der Personalkosten sicherzustellen und der Unterfinanzierung von Kitas mit einem neuen Finanzierungssystem entgegenzuwirken. Mit der Verabschiedung des neuen KiBiz 2019 hielt das Land NRW fest, dass bis Ende 2023 eine Evaluation der Erfahrungen mit dem Gesetz erfolgen soll. Seit dem Frühjahr 2024 liegt die Studie dem Landtag vor. Auf dieser Grundlage will die Regierung das KiBiz anpassen und weiterentwickeln . Für die Evaluation beauftragte das zuständige Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW die Prognos AG aus Berlin.