Hochschule 20.04.2018

Einschnitte in die Hochschuldemokratie

Einschnitte in die Hochschuldemokratie

Landesregierung plant Reform des Hochschulgesetzes: Zivilklausel in der Diskussion

Die schwarz-gelbe Landesregierung plant neben der Einführung von diskriminierenden und ausschließenden Studiengebühren für Studierende aus sogenannten Drittstaaten eine Reform des Hochschulgesetzes. Unter der Überschrift „Freiheit“ steht unter anderem die Zivilklausel zur Debatte. Welche politischen Motive stecken dahinter?

Min.

Laut Hochschulgesetz haben die Hochschulen neben Forschung und Lehre noch weitere Aufgaben: den wissenschaftlichen Nachwuchs auf berufliche Tätigkeiten im In- und Ausland vorbereiten, die soziale Lage der Studierenden und Wissenstransfer fördern, auf die Beseitigung der für Frauen bestehenden Nachteile hinwirken, einen Beitrag zu einer nachhaltigen, friedlichen und demokratischen Welt leisten und die regionale, europäische und internationale Zusammenarbeit fördern.

Beitrag der Hochschulen für Demokratie und Frieden

Aus der Liste soll nun ausgerechnet die Aufgabe gestrichen werden, die zu einer nachhaltigen, friedlichen und demokratischen Welt beiträgt. Als wenn das überflüssig wäre in Zeiten, in denen viele Menschen vor der Verfolgung durch Diktaturen, wegen des Klimawandels und vor Kriegen fliehen. Begründet wird der Schritt abwechselnd damit, dass die Aufgabe, zu Frieden, Demokratie und Nachhaltigkeit beizutragen, eine bürokratische Bevormundung sei oder einen massiven Eingriff in die Lehr- und Forschungsfreiheit darstelle.

Zivilklauseln in der Diskussion

2015 beklagt der Vorstandsvorsitzende von Rheinmetall im Bundeswehrjournal, „dass zu starke Vorschriften uns das Geschäft kaputt machen und Technologie aus Deutschland abwandert“. 2016 beschloss die Bundesregierung ein „Strategiepapier zur zivilen Sicherheitsindustrie“. Darin steht, dass der Bund mit „Ländern, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen sowie Hochschulen in einen ergebnisoffenen Dialog über die Verwendung von sogenannten Zivilklauseln“ treten muss.

Die 2014 ins Hochschulgesetz aufgenommene Friedensklausel ist ein echtes Problem für die deutsche Rüstungsindustrie, durch deren Waffen alle 14 Minuten ein Mensch stirbt. Die RWTH Aachen begründete beispielsweise den Abbruch einer Drittmittelkooperation, bei der es um eine Machbarkeitsstudie für ein Rüstungswerk in der Türkei ging, unter anderem mit der Gesetzespassage, die nun gestrichen werden soll.

Landesregierung lässt Hochschulen die Wahl

Die Demokratieabbau- und Gängelungsmaßnahmen der schwarz-gelben Landesregierung, die den Entwurf für ein neues Hochschulfreiheitsgesetz insgesamt prägen, sind fast alle optional. Sie zielen offensichtlich darauf ab, die Marktkonformität der Hochschulen abzusichern: So lange die Ambitionen der Hochschulmitglieder den Interessen der (Rüstungs-)Industrie nicht in die Quere kommen, bliebe vor Ort alles beim Alten. Die Mitsprache derer, die potenziell mehr wollen und zweifelhafte Kooperationen hinterfragen könnten, soll jederzeit eingeschränkt werden können. Das geht so weit, dass willkürlich über einzelne Langzeitstudierende entschieden wird, wie sie studieren müssen und ob sie zwangsexmatrikuliert werden. Dagegen müssen wir uns wehren.

Stefan Brackertz, Mitglied im Sprecher*innenteam des Landesausschuss für Student*innen in NRW