Beamt*innen 04.02.2020

Berufsverbote sind nicht mit einer Demokratie vereinbar

ErinnerungskulturPolitische Bildung

Ausstellung der GEW NRW in Wuppertal zur Berufsverbotepraxis

Mit dem sogenannten Radikalenerlass sind Tausende Lehrer*innen entlassen oder nicht eingestellt worden. 3,5 Millionen Beschäftigte sind durchleuchtet worden. Jürgen Wernecke ist einer von ihnen, jetzt fordert er eine konsequente Aufarbeitung der Berufsverbotepraxis.

  • Interview: Jessica Küppers
  • Funktion: Redakteurin im NDS-Verlag
Min.

Welche Gründe gab es für dein Berufsverbot?

Jürgen Wernecke: Gründe für mein Berufsverbot waren die Teilnahme an Veranstaltungen der Deutschen Kommunistischen Partei und des Marxistischen Studentenbunds Spartakus sowie „Erkenntnisse“ des Verfassungsschutzes, denen zu Folge ich Mitglied dieser beiden Organisationen gewesen sei.

Wie hast du die Situation damals erlebt?

Jürgen Wernecke: Die Berufsverbote waren damals ein Thema, das einer breiten Öffentlichkeit bekannt war. Große Solidaritätsveranstaltungen im In- und Ausland – oft mit mehreren hundert Teilnehmer*innen und der Unterstützung von vielen Kolleg*innen, Pfarrer*innen, Gewerkschafter*innen und Angehörigen, vermittelten das Gefühl, nicht alleine zu sein, und den Kampf gegen die Berufsverbote gewinnen zu können.

Auf der anderen Seite waren die insgesamt elf Gerichtsverfahren, die sich über fünf Jahre hinziehenden Anhörungen vor der Einstellungsbehörde und dem Kultusministerium eine Quelle ständigen Bangens und der Unsicherheit. Eine Frage stellte sich immer wieder: Wie verhalte ich mich, damit einerseits für meine Familie mit damals zwei kleinen Kindern eine finanzielle Sicherheit möglich wird, und ich andererseits nicht vor der als Unrecht empfunden Politik der Berufsverbote kapituliere?

Warum ist es so wichtig, dass die Geschichte endlich aufgearbeitet wird? Und was würde eine Rehabilitierung für dich bedeuten?

Jürgen Wernecke: Die Bundesrepublik war und ist – anders als sie sich gerne darstellt – nicht nur ein Hort der Rechtsstaatlichkeit. Die Berufsverbote zeigen, dass es auch in der Bundesrepublik Deutschland staatliches Unrecht gab, wie es der Europäische Gerichtshof festgestellt hat. Mir ist es wichtig, dass der NRW-Landtag sich öffentlich dazu bekennt, dass die Berufspolitik staatliches Unrecht gewesen ist, das eine Wiedergutmachung, wie anderes staatliches Unrecht auch, erfordert. Berufsverbote haben immer auch mit Gesinnungsschnüffelei zu tun, sie schwächen die Bereitschaft zu politischem Engagement und sind mit einem demokratischen Staatswesen unvereinbar.