Vereine als Orte der Integration? Da geht noch was!

Auf Vielfalt zu setzen, muss als Chance verstanden werden

Vereine – sowie auch Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen – gelten als Orte der gelebten Demokratie und nicht zuletzt auch als Orte der Partizipation und der Integration. Vereine und Organisationen werden von den Menschen gemacht und sollten daher idealerweise ein Abbild der Gesellschaft sein, indem sie die Menschen vor Ort repräsentieren. Doch die Realität sieht meist anders aus.
Vereine als Orte der Integration? Da geht noch was!

Foto: Ivan Kruk/Fotolia

Viele Vereine halten zwar eine breite Palette von Angeboten und Dienstleistungen vor, mit denen sich immerhin jede dritte Organisation gezielt an benachteiligte soziale Gruppen richtet. Maßgeschneiderte Qualifizierungsangebote für Arbeitslose, Sprachkurse für Menschen, die als Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind, und Nachhilfe für Kinder aus sozial schwachen Familien sind nur einige Beispiele aus der Angebotsvielfalt. Hiermit werden zweifelsohne auch wichtige Integrationsbeiträge geleistet.

Integration heißt Teilhabe

Doch echte Integration geht weiter. Denn Integration heißt auch Teilhabe. Teilhabe, die sich auf alle gesellschaftlichen Bereiche bezieht, auch auf das bürgerschaftliche Engagement. Die Forschung aber zeigt: Arbeitslose etwa, oder andere Menschen mit wenig Geld engagieren sich deutlich seltener als Menschen in hochbezahlten Jobs. Auch Menschen mit Migrationshintergrund engagieren sich nicht so oft wie Menschen ohne eine Zuwanderungsgeschichte.

Obwohl fast ein Viertel der in Deutschland lebenden Menschen einen Migrationshintergrund hat, spiegelt sich diese kulturelle Vielfalt längst nicht in allen Vereinen wider. Dreiviertel der Organisationen geben an, dass Mitglieder und Engagierte einen ähnlichen kulturellen Hintergrund haben. Dies trifft insbesondere in ländlichen Regionen und bei vielen Traditionsvereinen zu.

Kulturwandel für eine vielfältige Mitgliedschaft

Vielfalt ist meist kein Selbstläufer. Mehr Vielfalt erfordert in der Regel einen gezielten Kulturwandel in den Organisationen. Doch bislang sind Vereine, die sich etwa gezielt darum bemühen, Migrant*innen als Mitglieder zu gewinnen, eher die Ausnahme denn die Regel. Nicht einmal annähernd jede zehnte Organisation gibt an, dass sie sich gezielt darum bemüht, Menschen mit Migrationshintergrund für eine Mitgliedschaft oder gar für ein Engagement zu gewinnen. Entsprechend wenige Vereine sind es, bei denen sich die Anteile von Migrant*innen in den Organisationen in den vergangenen Jahren erhöht haben.

Vielfalt heißt jedoch nicht nur kulturelle Vielfalt. Vielfalt spiegelt sich zum Beispiel auch in einer Mischung der Generationen wider. Doch auch Rentner*innen engagieren sich seltener als Erwerbstätige. Ähnliches trifft auf die Geschlechtergerechtigkeit zu. Noch immer sind weibliche Engagierte vor allem in den sogenannten helfenden Engagementfeldern wie Kinderbetreuung oder Altenpflege tätig. Sonst sind sie jedoch seltener Mitglied in einem Verein und auch seltener engagiert als Männer. Besonders deutlich zeigt sich das in den Führungspositionen der Vereine, die noch immer überwiegend von Männern besetzt sind.

Neue Zielgruppen aktivieren

Auf Vielfalt zu setzen, kann als Chance verstanden werden, denn immer mehr Vereine stehen vor der Herausforderung, nicht genügend Mitglieder oder Engagierte zu gewinnen. Da kann eine Ausrichtung auf neue Zielgruppen durchaus gewinnbringend sein. So zeigen die Daten des ZiviZ-Surveys etwa, dass Vereine, die gezielt versuchen, Migrant*innen für sich zu gewinnen, erfolgreicher neue Engagierte mobilisieren können.

Die freiwilligen Feuerwehren – vormals eine reine Männerdomäne – haben vorgemacht, dass sich Veränderungen lohnen können. Im Jahr 2000 lag der Anteil der Frauen in der freiwilligen Feuerwehr noch bei knapp sechs Prozent. Gezielte Maßnahmen, wie die aktive Förderung von Mädchen und Frauen und das Etablieren einer Kultur der Anerkennung haben dazu beigetragen, dass der Anteil im Jahr 2016 immerhin auf neun Prozent erhöht werden konnte.

Jana Priemer, Leiterin des Bereichs organisierte Zivilgesellschaft bei der Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ)