Schwerbehinderung

Rechtsgrundlage ist das Sozialgesetzbuch IX (SGB IX). Schwerbehindert im Sinne des Gesetzes sind Personen mit einem Grad der Behinderung von 50. Von Behinderung kann man sprechen, wenn körperliche Funktionen oder die seelische Gesundheit eingeschränkt sind, und diese Einschränkungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht nur vorübergehend beeinträchtigen. Eine rechtliche Gleichstellung ist bei einem Grad der Behinderung ab 30 möglich, wenn man infolge der Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten kann (Antrag bei der Agentur für Arbeit).

Die Richtlinien zur Durchführung des SGB IX im öffentlichen Dienst im Lande NRW sind vom Schulministerium für den Lehrerbereich übernommen bzw. durch den lehrerspezifischen Teil Nr. II ergänzt worden. Die im Runderlass des Ministeriums (BASS 21-06 Nr. 1) aufgeführten Grundsätze umfassen unter anderem:

Einstellung

  • Bewerbungen schwerbehinderter Lehrkräfte um Stellen ist bei sonst gleicher Eignung der Vorzug zu geben.
  • Die Höchstaltersgrenze für Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ist auf das 45. Lebensjahr heraufgesetzt.

Schwerbehinderte Menschen können auch dann in ein Beamtenverhältnis kommen, wenn als Folge ihrer Behinderung eine vorzeitige Dienstunfähigkeit möglich ist.

Ausbildung, Prüfung und Beurteilung

  • Prüfungen jeder Art sind für schwerbehinderte Lehrkräfte im Verfahrensablauf im notwendigen Umfang zu erleichtern.
  • Der Grad der Behinderung sowie die Art der gesundheitlichen Beeinträchtigung sind bei jeder Beurteilung zu berücksichtigen. Angaben über Art und Schwere der Behinderung sind nur mit Einverständnis der Lehrkraft möglich (Wir empfehlen, kein Einverständnis zur Aufnahme in die schriftliche Beurteilung zu geben).
  • Wenn Beurteilungen von schwerbehinderten Lehrkräften bevorstehen, ist der Zeitpunkt vorab den Schwerbehindertenvertretungen von Amts wegen mitzuteilen.

Beschäftigung

  • Der Dienstherr bzw. der Arbeitgeber hat die Arbeitsplätze von schwerbehinderten Menschen der Behinderung entsprechend einzurichten, um ihnen die volle Entfaltung ihrer Arbeitskraft zu ermöglichen (bei Tarifbeschäftigten: Reha-Träger).
  • Arbeitsräume und Arbeitsmittel sind so bereitzustellen, wie es die jeweilige Behinderung erfordert (bei Tarifbeschäftigten ggf. auch durch Reha-Träger).
  • Die Arbeitszeit und die Pausen können der Leistungsfähigkeit und den Bedürfnissen der schwerbehinderten Menschen entsprechend besonders geregelt werden.
  • Schwerbehinderte Menschen sind auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freizustellen. Aus der Ablehnung von Mehrarbeit darf den schwerbehinderten Menschen kein Nachteil entstehen.
  • Der Einsatz von schwerbehinderten Lehrkräften an mehreren Schulstandorten soll in der Regel vermieden werden.

Bei der Vielzahl von Schulen mit mehreren Schulstandorten ist die Verwirklichung dieses Grundsatzes schwierig. Auf jeden Fall sollte ein behinderungsadäquater Einsatz mit der Lehrkraft abgesprochen werden.

Arbeitsplatzwechsel

  • Falls schwerbehinderte Menschen selbst ihre Versetzung, Abordnung oder Umsetzung beantragen, soll dem möglichst entsprochen werden.
  • Ohne ihr Einverständnis dürfen sie nur versetzt, abgeordnet oder umgesetzt werden, wenn es aus dringenden dienstlichen Gründen erforderlich ist und gleichwertige oder bessere Arbeitsbedingungen oder Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden.

Fortbildung, Berufsförderung und Rehabilitation

  • Schwerbehinderte sind zu geeigneten Fortbildungsmaßnahmen bevorzugt zuzulassen bzw. zu entsenden.
  • Bei der Besetzung höherwertiger Stellen sind schwerbehinderte Menschen bevorzugt zu berücksichtigen, sofern sie gleich geeignet und gesundheitlich in der Lage sind, die Mindestanforderungen des Aufgabenbereichs zu erfüllen.
  • Schwerbehinderte Menschen sind gegen Beendigung ihres Dienstverhältnisses stärker geschützt als andere Beschäftigte.
  • Im Einvernehmen mit der Dienststelle kann die Wiedereingliederung Schwerbehinderter nach längerer Krankheit auf ärztliches Anraten mit verminderter Stundenzahl für eine befristete Zeit erfolgen.

Schulwanderungen und Ermäßigungsstunden

  • Die Leitung von Schulwanderungen, Schullandheimaufenthalten und Studienfahrten ist schwerbehinderten Lehrkräften nur mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung zu übertragen. Auf Wunsch ist eine weitere Begleitperson zuzulassen.
  • Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden wird für schwerbehinderte Lehrkräfte nach dem Grad ihrer Behinderung um bis zu vier Stunden ermäßigt (s. unter Arbeitszeit).

Hierbei handelt es sich nicht um eine Arbeitszeitverkürzung; innerhalb der allgemeinen Arbeitszeit wird lediglich der Anteil der zu erteilenden Unterrichtsstunden unter Berücksichtigung der Behinderung als Nachteilsausgleich reduziert, weil das Ministerium davon ausgeht, dass schwerbehinderte Lehrkräfte i. d. R. für die Vor und Nachbereitung einer Unterrichtsstunde eine längere Zeit benötigen. Auf Antrag kann in besonderen Fällen der zuständige Dienstvorgesetzte die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden befristet darüber hinaus ermäßigen, soweit die Art der Behinderung dies im Hinblick auf die Unterrichtserteilung erfordert, höchstens aber um vier weitere Stunden.

Tipp

Der Antrag auf Feststellung des Vorliegens einer Behinderung ist bei der kommunalen Antragsbehörde des Landkreises oder der kreisfreien Stadt zu stellen. Vor der Antragstellung ist es ratsam, die Schwerbehindertenvertretung (Vertrauensperson) zu kontaktieren. Die Behörde stellt einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie ggf. über weitere gesundheitliche Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen aus. Zum Nachweis der Behinderung und zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen reicht beim Dienstherrn die Vorlage des Ausweises, aus dem der Grad der Behinderung und ggf. das Merkzeichen hervorgeht.

Es empfiehlt sich, in allen Fragen die Vertrauensperson und/oder den Personalrat zu konsultieren, die nach dem SGB IX und dem LPVG umfassende Aufgaben im Schwerbehindertenschutz haben.

Stand: April 2020