Die Begründung des Bundesverfassungsgerichts lautet: „Das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte ist als eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums vom Gesetzgeber zu beachten. Es steht auch mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes im Einklang und ist insbesondere mit den Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.“
Beteiligungsrechte der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften sind geregelt
Das Gericht sieht im nationalen Beamtenrecht für die Beamt*innen auch ein ausreichendes Äquivalent. Es gibt die Beteiligungsrechte der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen und die Möglichkeit der rechtlichen Durchsetzung des beamt*innenrechtlichen Alimentationsprinzips. Leider sind die Verfassungsrichter*innen der Argumentation der Arbeitgeber gefolgt. Diese sprachen wiederholt von „Rosinenpickerei“, die das Beamtenverhältnis nicht zulassen würde.
Menschenrechtskonvention wird laut Gericht nicht verletzt
Den Widerspruch zwischen internationalem, auch Deutschland bindendem Recht, und der tradierten deutschen Rechtsprechung, die es Beamt*innen verbietet zu streiken, haben die Verfassungsrichter*innen nicht aufgelöst. Sie sind der Auffassung, dass das deutsche Beamt*innenstreikverbot ein auch nach der Menschenrechtskonvention gerechtfertigter Eingriff ist, da ein dringendes soziales beziehungsweise gesellschaftliches Bedürfnis vorliege und die Einschränkung verhältnismäßig sei. Damit seien die rechtlichen Voraussetzungen auch nach EU-Recht erfüllt.
Die von der GEW vertretene Klägerin aus NRW Monika Dahl ist natürlich enttäuscht. Sie bleibt dabei: „Es geht mir nicht um das Geld, sondern um das Recht zu streiken.“
Fortentwicklung des Beamtenrechts findet nicht statt
Das Urteil ist zwar aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Überraschung, jedoch wenig fortschrittlich. Weder wird die in der Föderalismusreform geänderte Regelung einer Fortentwicklung des Beamtenrechts aufgegriffen, noch der Widerspruch zu der Tatsache, dass ein Viertel der Lehrkräfte bundesweit angestellt ist, problematisiert. Nach der mündlichen Verhandlung sah es noch nach einer Positionierung für eine Verbeamtungspflicht aus.
Gang zum Europäischen Gerichtshof wird sorgfältig geprüft
Dorothea Schäfer, Landesvorsitzende der GEW NRW, kritisiert: „Auch wenn wir das Urteil erwartet haben, ist die Enttäuschung groß. Das Bundesverfassungsgericht erweist sich als konservativer Gralshüter der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Das Gericht hat die Chance für mehr Demokratisierung und Partizipation vertan. Hatte das Bundesverwaltungsgericht noch eine Kollision mit dem Europarecht gesehen, wird dies vom Bundesverfassungsgericht rigoros verneint. Den Widerspruch zwischen dem internationalen, auch Deutschland bindenden Recht und der tradierten deutschen Rechtsprechung, die den Beamt*innen das Streikrecht versagt, haben die Verfassungsrichter*innen nicht aufgelöst. Kein guter Tag für die Europäische Menschenrechtskonvention!“
Die GEW wird sorgfältig prüfen, ob ein Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erfolgen kann.
Ute Lorenz, Referentin für Beamt*innenrecht der GEW NRW