Bildungssicherungsgesetz: Konsequenz und Solidarität für alle

GEW NRW begrüßt Option zu Aussetzung der zentralen Prüfungen

Im Grundsatz hält die Bildungsgewerkschaft die vorgesehenen Regelungen im Rahmen des Bildungssicherungsgesetzes für vernünftig und geboten. „Konsequenz und Solidarität“ als Handlungsmaxime des Gesetzes muss nach Auffassung der GEW NRW für alle Bereiche gelten. Bei der Umsetzung der Gesetzesvorgaben durch die Ministerien erwartet die GEW NRW ihre Beteiligung und Mitwirkung.
Bildungssicherungsgesetz: Konsequenz und Solidarität für alle

Foto: iStock.com/Yuri Arcurs

„Aus Sicht der GEW ist es richtig, dass sich die Landesregierung die Möglichkeit zur Aussetzung der Zentralen Prüfung wie auch der Abschlussprüfung an Berufs- und Weiterbildungskollegs im Schuljahr 2020 eröffnet. Allerdings fehlt im Gesetzentwurf die Option, im worst case auch auf die Abiturprüfungen zu verzichten“, erklärte heute GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern nach Lektüre des umfassenden Gesetzentwurfes, der noch in dieser Woche im Landtag verabschiedet werden soll. Dabei gehe es nicht darum, diese jetzt bereits zu verkünden. „Aber es wäre aus meiner Sicht klug, sich eine Hintertür offenzuhalten für einen Plan B, der ohne Klausuren bzw. Prüfungen auskommt“, fügte Maike Finnern hinzu.

Was die Vorbereitung auf die Zentralen Prüfungen betrifft, fehlen laut Maike Finnern bereits jetzt drei Wochen Unterricht. „Die können auch nicht einfach aufgeholt werden. Wir wissen doch, dass die Möglichkeiten, sich zuhause auf Prüfungen vorzubereiten, je nach familiärer Situation äußerst unterschiedlich sind und sich da die Frage stellt, wie eine faire Prüfung gestaltet werden kann.“ Die ZP zähle zudem 50 % der Note, mit der Konsequenz, die ohnehin schon große soziale Ungleichheit im Bildungswesen damit verstärkt werde. Das gelte umso mehr, wenn die Schulen auch nach den Ferien weiterhin geschlossen blieben.

Als folgerichtig bewerte die GEW-Landesvorsitzende auch die Möglichkeit, Schüler*innen eventuell auch ohne Versetzung in die nächsthöhere Klasse oder Jahrgangsstufe übergehen zu lassen.

Regelungen für die Hochschulen

Die GEW NRW hält es für fraglich, ob die gesetzlichen Regelungen für den Hochschulbereich ausreichend sind und schlägt vor, das Sommersemester 2020 als Nicht- oder Freisemester zu werten.

„Wenn Lehrveranstaltungen ausfallen, Bibliotheken, Archive und Labors geschlossen sind, die digitale Infrastruktur für Forschung und Studium nicht ausreicht und darüber hinaus noch wegfallende Jobs und fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten den Alltag der Studierenden und Wissenschaftler*innen verkomplizieren, ist ein klares Signal angesagt: das Semester darf nicht zählen“, forderte Maike Finnern und ergänzte: „Das bedeutet konkret: Es darf nicht in der Ausbildungsförderung nach dem BAföG zählen, nicht bei der Studien- und Promotionsförderung mit Stipendien, nicht bei der Förderung der wissenschaftlichen Qualifizierung über befristete Beschäftigungsverhältnisse und auch nicht bei der Forschungsförderung.“

Der Blick sei auf die Sicherstellung der Lehre und die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Gremien der Hochschule gerichtet. Maike Finnern sagte: „Das greift zu kurz. Es sind womöglich teilweise chaotische Zustände mit Blick auf den Gesundheitsschutz der Beschäftigten an den Hochschulen zu erwarten. Im Bereich der Forschung, insbesondere im Drittmittelbereich, wird derzeit teilweise weitergearbeitet, als ob es keine Epidemie gäbe. Hier sind Vorgaben des Landes erforderlich.“

Referendar*innen in Not

Die GEW-Landesvorsitzende wies abschließend auf die prekäre Situation in der Lehrerausbildung hin. Für rund ein Viertel der Referendar*innen, die zu Ende April ihre Zweite Staatsprüfung absolvieren sollten, steht der Prüfungstermin noch in den Sternen. Insbesondere Referendar*innen der Ausbildungsschulen im Kreis Heinsberg trifft es sehr hart, da sie bereits seit Mitte Februar keinen Ausbildungsunterricht mehr haben.

Die GEW-Landesvorsitzende erwartet für die Betroffenen nicht nur solidarische Hilfestellung, sondern zur Not auch eine präzisere gesetzliche Regelung des Schulministeriums: „In Zeiten des Lehrkräftemangels brauchen wir zügig qualifizierten Nachwuchs an den Schulen. Wir setzen darauf, dass hier alles getan wird, um den jungen Kolleg*innen die bestmöglichen Bedingungen für einen qualifizierten Abschluss zu organisieren. Notfalls muss auf die beiden unterrichtspraktischen Prüfungen in der Schule am Examenstag verzichtet werden.“ Mit einer Vielzahl von erfolgreichen Unterrichtsbesuchen, zwei positiven Fach- und einem Schulleitungsgutachten gäbe es Indizien, die ein Bestehen der Prüfung in einer absoluten Ausnahmesituation rechtfertigen würden.

Berthold Paschert | Pressesprecher GEW NRW
berthold.paschert@gew-nrw.de | +49 170 731 99 70