Arbeitszeit
Bei Lehrer*innen wird die Arbeitszeit nicht wie sonst üblich als Wochenarbeitszeit festgelegt. Der Dienstherr legt lediglich die Zahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden in einer Rechtsverordnung fest. Sie gilt nicht nur für Beamt*innen, sondern auch für angestellte Lehrkräfte. Der Grund: Im Tarifvertrag für die Länder (TV-L § 44) steht zur Arbeitszeit der Lehrkräfte nur, dass die einschlägigen Regelungen für vergleichbare Beamt*innen gelten. Damit gilt für alle Lehrkräfte in NRW grundsätzlich die Arbeitszeitregelung des § 60 Absatz 1 Landesbeamtengesetz (LBG). Danach darf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt 41 Stunden nicht überschreiten.
Die Arbeitszeit der Lehrer*innen gliedert sich in
- den gesetzlich fixierten (messbaren) Teil – die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung –
- und den disponiblen Teil.
- Letzterer gliedert sich wiederum in zwei Bereiche:
- in den fremdbestimmten Bereich (Aufsicht, Beratung, Konferenz, Kooperation, Sprechzeiten, Präsenzzeiten in den Ferien, AOSF, sonstige in der Schule zu erledigende Aufgaben, Fortbildung, Schulfahrten, Wanderung, etc.) und
- in den organisatorisch selbst umzusetzenden Bereich (Unterrichtsvor- und -nachbereitung, sonstige Planung etc.).
Die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte ist in der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz (VO zu § 93 Abs. 2 SchulG, BASS 11-11 Nr. 1) geregelt. Dazu gibt es Verwaltungsvorschriften (BASS 11-11 Nr.1/1.1).
Die Arbeitszeit der Lehrkräfte an Förderschulen für Geistige Entwicklung sowie für körperliche und motorische Entwicklung wird durch einen besonderen Erlass konkretisiert, der die Anrechnung unterschiedlicher Tätigkeitsbereiche auf die Unterrichtsverpflichtung regelt (BASS 12-63 Nr. 1).
Die Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG regelt unter anderem
- die wöchentlichen Unterrichtsstunden der Schüler*innen, § 1
- die wöchentlichen Pflichtstunden der Lehrer*innen, § 2 Abs. 1
- die Pflichtstundenbandbreite, § 3
- die zusätzlichen wöchentlichen Pflichtstunden (Vorgriffsstunden), § 4
- die Leitungszeit (Schulleitungspauschale), § 5
- den Unterrichtseinsatz der Lehramtsanwärter*innen, § 11
- die Erprobung neuer Arbeitszeitmodelle, § 12
Wöchentliche Pflichtstunden der Lehrer*innen in der Regel
Grundschule | 28 |
Hauptschule | 28 |
Realschule | 28 |
Sekundarschule | 25,5 |
Gymnasium | 25,5 |
Gesamtschule | 25,5 |
Berufskolleg | 25,5 |
Förderschule | 27,5 |
Schule für Kranke | 27,5 |
Weiterbildungskolleg, Abendrealschule | 25 |
Abendgymnasium | 22 |
Kolleg (Institut zur Erlangung der Hochschulreife) | 22 |
Studienkolleg für ausländische Studierende | 22 |
Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden der Lehrkräfte an Gymnasien, Gesamtschulen, Berufskollegs und Förderschulen werden innerhalb eines Zeitraumes von zwei Schuljahren jeweils für die Dauer eines Schuljahres auf die volle Stundenzahl aufgerundet und für die Dauer des folgenden Schuljahres auf die volle Stundenzahl abgerundet (§ 2 Abs.1 Satz 2).
Bei Teilabordnungen an Schulformen mit abweichenden Pflichtstundenvorgaben wird bzgl. der Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden auf den überwiegenden Einsatz abgestellt (AVO-RL Nr. 2.1.3, BASS 11-11 Nr. 1.1).
Beispiel: Der Sonderpädagoge Schmidt arbeitet mit 13 Stunden überwiegend an der Gesamtschule. Es gilt die Unterrichtsverpflichtung von 25,5 Std./Woche und es verbleiben 12,5 Pflichtstunden für die Förderschule (s. weitere Fallgestaltungen zu Teilzeit in der AVO-RL Nr.2.1.3, BASS 11-11 Nr. 1.1).
Schulorganisatorische Über- oder Unterschreitung der wöchentlichen Pflichtstunden
Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrkraft kann bis zu sechs Monate aus schulorganisatorischen Gründen um bis zu sechs Stunden über- oder unterschritten werden (§ 2 Abs. 4 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG). Wenn die vorübergehende Über- oder Unterschreitung deiner Pflichtstundenzahl länger als zwei Wochen dauert, soll dies in der Regel nicht ohne deine Zustimmung erfolgen. Die zusätzlichen oder weniger erteilten Unterrichtsstunden sind innerhalb des Schuljahres auszugleichen, ausnahmsweise im folgenden Schuljahr. Belange der Teilzeitbeschäftigten, Schwerbehinderten und der Lehrkräfte mit begrenzter Dienstfähigkeit gem. § 27 (2) Beamtenstatusgesetz sind zu berücksichtigen.
Altersermäßigung (§ 2 Absatz 2 der VO)
Folgende Regelungen ermäßigen die Pflichtstunden aus Altersgründen:
Ab dem 1.08. nach Vollendung des 55. Lebensjahres
- Vollzeit um 1 Std.
- Umfang bis mind. 50 % um 0,5 Std.
Ab dem 1.08. nach Vollendung des 60. Lebensjahres
- Vollzeit um 3 Std.
- Umfang bis mind. 75 % um 2 Std.
- Umfang bis mind. 50 % um 1,5 Std.
Altersermäßigungen greifen immer erst mit Beginn des Schuljahres (1.08.), das auf Vollendung des 55. bzw. 60. Lebensjahres folgt.
Achtung: Bei Teilzeitbeschäftigung bis zu einer Stunde unterhalb der Vollzeitbeschäftigung wird die Altersermäßigung voll gewährt. Als Tarifbeschäftigte*r erhältst du auch bei unterhälftiger Teilzeit eine anteilige Altersermäßigung (BASS 21-05 Nr. 15).
Pflichtstundenermäßigung für Schwerbehinderte (§ 2 Absatz 3 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG)
Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden wird für schwerbehinderte Lehrer*innen im Sinne des Schwerbehindertenrechts je nach Grad der Behinderung (GdB) ermäßigt.
GdB 50 oder mehr
- Beschäftigung in Vollzeit um 2 Std.
- Beschäftigungsumfang bis mind. 50 % um 1 Std.
GdB 70 oder mehr
- Vollzeit um 3 Std.
- Umfang bis mind. 75 % um 2 Std.
- Umfang bis mind. 50 % um 1,5 Std.
GdB 90 oder mehr
- Vollzeit um 4 Std.
- Umfang bis mind. 75 % um 3 Std.
- Umfang bis mind. 50 % um 2 Std.
In besonderen Fällen kann die Regelermäßigung auf Antrag befristet um max. vier weitere Stunden ermäßigt werden. Das ist abhängig davon, inwieweit die Art der Behinderung dies im Hinblick auf die Unterrichtserteilung erfordert (s. auch Stichwort Schwerbehinderung).
Anrechnungsstunden (§ 2 Abs. 5 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG )
Die individuelle Unterrichtsverpflichtung kann in einigen Fällen durch sog. Anrechnungsstunden reduziert werden. Dazu zählen z. B. die Mitgliedschaft im Lehrerrat, die Tätigkeit als Ansprechpartnerin für Gleichstellungsfragen, die Wahrnehmung besonderer, schulischer Aufgaben und hohe unterrichtliche Belastungen.
Über Grundsätze für die Verteilung der Anrechnungsstunden entscheidet die Lehrerkonferenz auf Vorschlag der*des Schulleiter*in. Für die Inanspruchnahme von Anrechnungsstunden müssen besondere Gründe vorliegen (z. B. Korrekturfächer, Sammlungsleitung, Betreuung ausländischer Schüler*innen, inklusiver Unterricht). Über die Verteilung der Anrechnungsstunden im Einzelnen entscheidet letztendlich die Schulleitung.
Beispiel: Frau Müller, Lehrkraft für Englisch und Deutsch, arbeitet in Teilzeit. Sie beklagt sich darüber, dass sie mehr Arbeitszeit für Korrekturen verwendet als der Sportlehrer Meier und findet, dass sie durch die Zahl und Dauer der Konferenzen deutlich mehr Arbeitszeit aufwenden muss als eine vollzeitbeschäftigte Lehrkraft.
Lösung: Die Lehrerkonferenz muss die Belastung der Korrekturfachbelastung zu Gunsten der Teilzeitkraft umsetzen. Die Frage der Konferenzen ist ein Problem der Teilzeitkräfte allgemein, da § 17 Abs. 2 der allgemeinen Dienstordnung (ADO) die Teilnahmeverpflichtung – in der Regel – nicht aufhebt. Hier sollten Lehrerrat, Ansprechpartnerin für Gleichstellungsfragen und die Lehrerkonferenz ein sinnvolles Teilzeitkonzept mit der Schulleitung vereinbaren (s. Stichwort Anrechnungsstunden und Gleichstellungsfragen).
Ein neueres Arbeitszeit-Gutachten, das maßgeblich von der GEW Niedersachsen beauftragt wurde, bestätigt das frühere Gutachten und ergänzt, insbesondere bezogen auf die Teilzeitbeschäftigten, die überproportionale Belastung.
Forderungen der GEW zur Arbeitszeit
- Die GEW NRW tritt für eine Verkürzung der Gesamtarbeitszeit von jetzt 41 Stunden auf 38,5 Stunden pro Woche ein und fordert eine deutliche Verkürzung der Unterrichtsverpflichtung.
- Die GEW NRW fordert eine deutliche Erhöhung des Anrechnungsstundenkontingents und eine angemessene Reduzierung der Unterrichtsverpflichtungen für Teilzeitkräfte, da sie im disponiblen Teil ihrer Arbeitszeit mehr beansprucht werden.
Stand: April 2020